Ronja Eberle
Humboldt-Universität zu Berlin
DFG-Graduiertenkolleg
E-mail: uni-berlin@ronja-eberle.de
Promotionsprojekt:
Indonesien 2008. Nach mehrjährigen national(istisch)en Debatten wird der so genannte Gesetzesentwurf gegen Pornografie und pornografisches Handeln (Indonesisch kurz: RUU APP) unter dem Titel ,Antipornografiegesetz‘ ratifiziert. Im gegenwärtigen Rechtssetzungsprozess werden erste Fälle verhandelt. Mit Blick auf bisherige Entwicklungen sehen Gegner_innen das Gesetz als Versuch, orthodoxe Interpretationen der islamischen Rechtsordnung Schariain der nationalen Gesetzgebung zu verankern und befürchten im Zuge dessen Beschneidungen der Religions- und Pressefreiheit sowie weitere Einschränkung der Bekleidungs- und Bewegungsfreiheit von Frauen. Orthodox-islamische Forderungen in dieser Breitenwirkung sind in Indonesien zweifellos ein neues Phänomen.
Das Dissertationsprojekt geht an der Schnittstelle der Fächer Gender Studies und Indonesistik aus transdisziplinärer und diskurstheoretischer Perspektive der Frage nach, wie der RUU APP im Kontext neuer weltpolitischer Konstellationen als wichtiges nationales Wissensobjekt hervorgebracht wird. Hierzu untersuche ich englisch- und indonesischsprachige nationale Tageszeitungen mittels sprachwissenschaftlichen (linguistischen und rhetorischen) Instrumentariums auf Konstruktionsmodi im Bezug auf das Thema RUU APP.
Dabei verstehe ich die massenmedialen Debatten zu dem Gesetzesentwurf als nationalistische Leitkulturdebatten, in denen nationale Werte und Normen nicht nur verhandelt, sondern hergestellt werden. Mein Forschungsinteresse gilt der Art und Weise, wie nationale Identitätskonstruktionen in den Debatten hervorgebracht werden, wobei rhetorische Prozesse auch in ihren historischen und machtpolitischen Verwebungen untersucht werden. Neben expliziten und impliziten Argumentationen für und gegen das Gesetz, gehe ich diskursiven Regeln nach, die nationale Diskurse (re)produzieren. Des Weiteren untersuche ich Interdependenzen der Kategorisierungen Nation, Geschlecht, Sexualität, Religion und Ethnizität in den Argumentationen zu dem Gesetzesentwurf. Zentrales Erkenntnisinteresse sind Interrelationen von Geschlechter- und Wissensordnungen, die vor dem Hintergrund gegenwärtiger wissenschaftlicher Wissensproduktion zum Thema RUU APP diskutiert werden.
Theoretisch und method(olog)isch schließt das Projekt an Ansätze der Interdependenz-/Intersektionalitätsforschung, der konstruktivistischen Nationalismusforschung, der Post-kolonialen Theorie, der Diskurstheorie und der feministischen Rhetorik an.
Als bislang erste Studie, die nationale Identitätskonstruktionen mit einem intrakategorialen Interdependenzansatz untersucht, wird die Arbeit einerseits neue Perspektiven und Erkenntnisse in die Nationalismusforschung (zu Indonesien) einbringen, andererseits aber auch einen Beitrag zur Interdependenz-/Intersektionalitätsforschung der Gender Studies leisten. Des Weiteren soll auf theoretischer Ebene eine postkolonial-feministische Lesart zum Thema RUU APP entwickelt und in die bisherige Forschung eingebracht werden. Nicht zuletzt werden die Ergebnisse des empirischen Teils der Arbeit Einsichten in die Funktionsmechanismen nationalistischer Leitkulturdebatten in Indonesien bieten.
Lebenslauf
1970 in Stockach am Bodensee geboren
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Wissenschaftlicher Werdegang
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01.01.2011
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Stipendiatin des DFG-Graduiertenkollegs „Geschlecht als Wissenskategorie“ an der Humboldt-Universität zu Berlin
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21.06.2010
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Studienabschluss an der Humboldt-Universität zu Berlin
Gender Studies/Geschlechterstudien (1.HF)
Südostasienwissenschaften/-studien (2.HF)
Abschluss: Magistra Atrium
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Wissenschaftliche Tätigkeit
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Seit 01.05.2008
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Dozentin für akademische Schlüsselkompetenzen bei
www.schlüsselkompetenzia.de
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18.02.2007 –
14.03.2008
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Tutorium zur Einführung in wissenschaftliche Arbeitstechniken
Konzeption und Lehre; Humboldt-Universität zu Berlin
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01.10.2005 –
17.02.2007
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Tutorium zur Begleitung des Einführungskurses in die Gender Studies
Am Beispiel der Fächer Geschichte, Germanistische Literaturwissenschaft und Amerikanistik. Konzeption und Lehre; Humboldt-Universität zu Berlin
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16.10.2000 –
17.02.2001
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Tutorium: ,Geschichte der Gender Studies – Interdisziplinarität – Macht und Wissenschaftskritik‘
Konzeption und Lehre, Teamteaching mit S. Diehr; Humboldt-Universität zu Berlin
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Derzeitige Forschungsschwerpunkte
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Feministische und postkoloniale Theorie und Forschung an der Schnittstelle von Gender Studies und Südostasienwissenschaften, insbesondere Indonesistik:
· De-/Konstruktivistische Ansätze der Frauen- und Geschlechterforschung
· De-/Konstruktivistische Ansätze der Nationalismusforschung
· Linguistische und sozialwissenschaftliche Diskurstheorie- und forschung
· Feministische Rhetorik
· Interdependenz-/Intersektionalität
· Kritischer Okzidentalismus
· Islamischer Feminismus
· Frauen- und Geschlechterforschung zu Südostasien
· Islam und Nationenbildung in Südostasien
· Transnationale Solidaritätsarbeit
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PUBLIKATIONEN
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Wörterbucheintag
,Asien‘ und ,Asiat_in‘. In: Nduka-Agwu Adibeli/Hornscheidt Antje Lann: Rassismus auf gut Deutsch: Ein kritisches Nachschlagewerk zu rassistischen Sprachhandlungen, Frankfurt am Main 2010.
Rezensionen
Dietze Gabriele/Brunner Claudia/Wenzel Edith (Hg.): Kritik des Okzidentalismus. Transdisziplinäre Beiträge zu (Neo-)Orientalismus und Geschlecht, Bielefeld 2009. In: Governing Gender. Feministische Studien zum Wandel des Regierens. Femina Politica. Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, Nr. 2, 2010.
Holike Christine: Islam und Geschlechterpolitiken in Indonesien. Der Einzug der Scharia in die regionale Gesetzgebung. In: Feministische Postkoloniale Theorie. Gender und (De-)Kolonisierungsprozesse. Femina Politica. Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, Nr. 2, 2009.
Schlucken oder Spucken. Rezension zu Arndt Susan/Hornscheidt Antje: Afrika und die deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. In: HUCH! (studentische Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin), Berlin 2004.
Tagungsbericht
Kritischer Okzidentalismus. In: Bulletin. Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien der Humboldt-Universität, Nr. 31, Berlin 2005.
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Organisation von Veranstaltungen und Kongressen (auswahl)
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03.07.2003
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Multimediale Ausstellung zur Eröffnungsfeier des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität zu Berlin
Ausstellungsteile: Fotoausstellung ,GenderPerformativität‘, interaktive Plattform ,Gender Irritationen‘, Hörspielprojekt ,FrauentRäume‘, Wandzeitungen zum Thema ,Sportdiskurse‘ und Kurzfilmprogramm. Konzeption und Umsetzung mit W. Backhaus
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06.06.2003 –
09.06.2003
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Internationale Konferenz: ,logik macht krieg‘ der Bundeskoordination Internationalismus (BUKO)
Hauptverantwortliche für den Bereich Workshopkoordination; an der Hochschule für Technik und Sozialwesen in Bremen
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17.05.2003
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Bundesweites Workshopkoordinationstreffen der BUKO
Organisation und Leitung
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01.2000
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Veranstaltung in Warschau: Feminismen in Deutschland
Organisation und Leitung mit E. Majewska und W.Backhaus; Women Studies Universität Warschau
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02.2000
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Veranstaltung in Berlin: Feminismus in Polen
Organisation und Leitung mit E. Majewska und W.Backhaus
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01.07.1999
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Podiumsdiskussion unter dem Titel ,Intersexualität – Zwischen den Disziplinen und Geschlechtern‘
Konzeption und Durchführung; Kooperation der Gruppen „mutvilla“, „Gender-Café“ und „Fachschaft Gender Studies“; Humboldt-Universität zu Berlin
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1999 –
2002
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Veranstaltungen im Gender Café an der Humboldt-Universität zu Berlin
Konzeption und Leitung von Veranstaltungen zu Themen um Geschlecht und Sexualität mit S. Diehr und wechselndem Team.
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1999
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Gründung des Gender Cafés an der Humboldt-Universität zu Berlin
Gemeinsam mit S.Diehr
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VORTRÄGE UND WORKSHOPS (aUswahl)
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Vorträge
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06.11.2010
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Indonesische Debatten zum Antipornografiegesetz
Herbsttagung des Doktorandennetzwerks Indonesien; Freie Universität Berlin
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09.07.2005
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NeoOrientalismen: ,Otherness-Phobien‘ (Islamophobie, Terrorismusangst) am Beispiel der deutschen Kriegspropaganda zum Angriffskrieg auf Afghanistan
Konferenz ,Kritischer Okzidentalismus‘ unter der Leitung von PD Dr. G. Dietze und PD Dr. A. Hornscheidt; Humboldt-Universität zu Berlin.
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09.07.2005
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Fragen an das Konzept Okzidentalismus: Antisemitismen in dem Konzept des kritischen Okzidentalismus
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03.12.2002
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Crossover-Perspektiven
Vortrag zu Intersektionalität mit S.Glawion; Feministische Winteruni an der Universität Bochum
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18.01.2001
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Wechselnde Perspektiven. Debatten um Identität und Differenz: Folgen für feministisch-antirassistische Handlungsfähigkeit
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01.2000
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Klasse und Geschlecht. Der Dialog zwischen Claudia von Werlhof und Ursula Beer
Gender-Cafe; Humboldt-Universität zu Berlin
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Workshops
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27.02.2004
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Eintauchen, auftauchen und ab und zu das Becken wechseln - Ein kritischer Schwimmunterricht für den (Uni-)alltag
Workshop zu Inter- und Transdisziplinarität. Teamteaching mit W. Backhaus, K. Piepenstock und D.Vetter; Humboldt-Universität zu Berlin
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26.02.2004
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Gleichheit – Differenz – Differenzen
Einführung in feministische Theorie, Teamteaching mit W.Backhaus, Humboldt-Universität zu Berlin
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07.06.2003
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Krieg und Alltag. Handlungsmöglichkeiten gegen die Reproduktion von Kriegslogik im Alltag entwickeln
Teamteaching mit I.Havers; internationale Konferenz der BUKO in Bremen
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18.01.2001
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Die Kritik von ,People of Colour‘ am bundesdeutschen Mainstream-Feminismus
Internationale Crossover-Conference 2001 in Bremen
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PROJEKTE
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03.07.2003
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Fotoprojekt: Performativität von Geschlecht
Ausstellung auf der Eröffnung des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien
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Kommitees
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05.2004 –
09.2006
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Vorstand in der Wohnungsbaugenossenschaft Prinzenallee 58 in Berlin
Vorbereitung und Leitung von Mitgliederversammlungen, Koordination der Genossenschaftsgremien, Verwaltungsarbeit und Mitgliederbetreuung
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2001 –
2003
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Studentische Vertreterin in der Gemeinsamen Kommission der Gender Studies (GKGS) an der Humboldt-Universität zu Berlin
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1998 –
2003
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Mitglied der Fachschaftsinitiative Gender Studies an der Humboldt-Universität zu Berlin
Hochschulpolitik, Lesungen, Podien, Einführungsveranstaltungen für Erstsemester
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1998
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Mitglied der Fachschaftsinitiative Südostasienwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin
Veranstaltungsorganisation
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Forschungszusammenhänge
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Seit 01.01.2011
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AG Postkolonialismus, DFG-Graduiertenkolleg „Geschlecht als Wissenskategorie“
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Seit 01.01.2011
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DFG-Graduiertenkolleg „Geschlecht als Wissenskategorie“
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Seit 01.09.2010
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überregionales Doktorandennetzwerk Indonesien
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Seit 01.01.2010
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überregionales feministisches Promotionsnetzwerk ‚PromKoop‘
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