Doktorandennetzwerk Indonesien  
 
  Berlin 2005 28.04.2024 19:59 (UTC)
   
 

Vierte Tagung des Doktoranden-Netzwerkes

Nach bislang drei erfolgreichen Tagungen in Essen, Köln und Freiburg fand am 1. und 2. Oktober 2005 die vierte Tagung des Doktoranden-Netzwerkes zu Indonesien in den Räumen des Instituts für Südostasienwissenschaften der Humboldt-Universität in Berlin statt. Das diesjährige Seminar zeichnete sich besonders dadurch aus, dass neben politikwissenschaftlichen Dissertationen auch Arbeiten aus den Bereichen Geschichte, Marketing und Wirtschaftswissenschaften vorgestellt und diskutiert wurden.

Hinsichtlich der Frage einer demokratischen Konsolidierung Indonesiens erläuterte Christian Chua (National University of Singapur) die Konsequenzen des Regimewechsels auf chinesische Großunternehmer. Mit dem Wegfall staatlicher Protektion standen die Unternehmer vor neuen Herausforderungen und reagierten entsprechend auf die veränderte Situation. Sie begannen sich politisch zu betätigen und entwickelten Strategien, um in der freien Marktwirtschaft gegen die neu entstandene Konkurrenz bestehen zu können. Dadurch arbeiteten die Konglomerate sehr viel profitabler mit dem Resultat, dass sie wirtschaftlich durch das neue System gewannen.

Genia Findeisen (Universität Hamburg) referierte über die Chancen für die Umsetzung einer Gleichheit der Geschlechter im demokratisierten Indonesien. Der erweiterte Handlungsspielraum der Frauenbewegung vergrößerte deren Einflussmöglichkeiten innerhalb des parlamentarischen Systems und eröffnete neue Aktionsformen und Strategien. Anhand der letzten Parlamentswahlen analysierte Findeisen, dass die Frauenbewegung die anfangs gesetzten Ziele nur in Teilen erreichen konnte. Die finanziellen Belastungen des Wahlkampfes, mangelnde Kontakte zu einflussreichen Parteiführern sowie letztendlich die politische Kultur des Landes standen als wesentliche Faktoren einer Realisierung entgegen.

Einen Überblick über Umwelt- und Sozialstandards des internationalen Handels gab der Volkswirt Steffen Melchers (Universität Bremen). Weltweit agierende Konzerne orientieren sich an internationalen Standards, als problematisch erweisen sich vielmehr die nationalen Zuliefererfirmen. Eine schwach ausgebildete und stark fragmentierte Gewerkschaftsbewegung wie die Indonesiens kann wenig zur Beseitigung des Missbrauchs von Sozialklauseln beitragen. Signifikante Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen sind daher erst durch eine langfristige Entwicklung und eine Stärkung der Zivilgesellschaft zu erwarten.

Kann die Kultur das Konsumverhalten der Bevölkerung beeinflussen? Dieser Frage widmete sich der Kulturwirt Ragnar Willer (Humboldt Universität Berlin) in seinem Vortrag über ethnisches Marketing. Ausgehend von der These, dass Konsumverhalten immer lokal unterschiedlich ist und es keinen globalen Konsumenten gibt, untersuchte Willer die Werbestrategien verschiedener Unternehmen. In einem vorgestellten Beispiel aus einer Werbekampagne wurde das Fotomodel Inneke Koesherwati mit einem Jilbab bekleidet gezeigt. Sie warb darin für ein Shampoo, obwohl kein einziges Haar zu sehen war. Diese Form der Vermarktung erwies sich als sehr erfolgreich, da durch die islamkonforme Kleidung bei muslimischen Käuferschichten Emotionen angesprochen wurden.

Den Abschluss der Konferenz bildete passend zum 40. Jahrestag der Ereignisse der G30S das Referat von Eva Streifeneder (Humboldt Universität Berlin) zum Thema Vergangenheitsbewältigung. Die Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen gilt in der Transitionsliteratur als grundlegend für ein neues demokratisches System. Mit der Liberalisierung der Medien sind gute Voraussetzungen für eine Aufarbeitung geschaffen worden. Dennoch hat sich gesetzlich wenig zur Rehabilitierung ehemaliger Verfolgter getan. Auch die geplante Wahrheits- und Versöhnungskommission wird nur das geschehene Unrecht enthüllen: Versöhnung ja – Aufarbeitung nein. Mit ihrer Politik grenzen sich die demokratischen Kräfte daher nicht in einer wünschenswerten Weise vom Suhartoregime ab.

Wie schon bei den vorangegangenen Netzwerktreffen erfolgte ein intensiver Gedankenaustausch der Promovierenden; neben inhaltlichen Diskussionen wurde von allen Teilnehmern vor allem der „handwerkliche“ Austausch zu Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens sehr geschätzt. Einige neu dazugekommene Mitglieder hatten die Möglichkeit, ihre Vorstellungen hinsichtlich geplanter Arbeiten zu konkretisieren. Alle Vorträge werden im Frühjahr 2006 in der Serie „workingpaper“ der Humboldt Universität nachzulesen sein.

Die Autorin ist Politikwissenschaftlerin und promoviert über „Frauen in Indonesien – Geschlechtergerechtigkeit durch Demokratisierung“. Kontaktadresse für das Doktoranden-Netzwerk: gfindeisen[at]yahoo.com

 
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